Für meinen ersten Eintrag muss ich dann doch ein Stück in die Vergangenheit reisen. Ich dachte mir, ein kurzer Bericht über die Musterung sei zu Anfang gar nicht so verkehrt, da diese ja bekanntlich der erste Schritt ist.

Angefangen hat alles auf einem Infotag der Bundeswehr in unserer Stadt. Dort habe ich in dem sogenannten Bundeswehr-Truck einen Termin für ein Beratungsgespräch beim Karriereberater bekommen. Mitbringen musste ich zu diesem Termin lediglich einen tabellarischen Lebenslauf.
Das Gespräch war an sich und für mich gar nicht so interessant. Ich saß mit etwa zwanzig anderen zusammen in einem Raum, während einer der Karriereberater gut eine Stunde über die Bundeswehr gesprochen und alles erklärt hat. Wer sich noch nicht so gut auskennt und nicht, wie ich, vorher schon viele Erfahrungen gemacht hat, sollte sich diesen Infovortrag nicht entgehen lassen.
Anschließend ging es dann einzeln zu einem persönlichen Gespräch. Da ich mir bereits sicher war und wusste, was ich wollte, sprach der nette Herr sogleich die Bewerbung mit mir durch. Es waren schlichtweg viele Zettel, die ich ausfüllen musste, dann wurde mein Lebenslauf daran geheftet und das war’s dann auch schon. Nichts Wildes. Eine ‚richtige‘ Bewerbung schreiben muss man nicht. Diese Bewerbung wurde abgeschickt und ich musste warten.

Nach etwa vier Wochen kam dann per Post die Einladung zur Musterung.

Ich bekam ein Zugticket gestellt und machte mich dann am besagten Tag auf nach Düsseldorf. Da sein sollte ich um 16 Uhr, also war ich vorher noch brav in der Schule und habe eine Klausur geschrieben. Dementsprechend fühlte ich mich so gar nicht bereit und wach und konzentriert genug.
Normalerweise ist es so, dass man als Bewerber für den freiwilligen Wehrdienst nur etwa einen halben Tag braucht und dann wieder nach Hause fahren darf. Ich hingegen musste 1 ½ Tage bleiben, da etwas mit der Planung schiefgelaufen ist. Aber es war nicht schlimm, stattdessen konnte ich am nächsten Tag frisch starten.

So kam ich um 15:30 Uhr im Karrierecenter an, wurde sogleich bestimmt darauf hingewiesen, dass ich im Gebäude doch bitte meine Mütze abnehmen solle. Dann bekam ich eine Stube zugewiesen, Bettbezüge und einen Schlüssel für den Spind, sowie die Anweisung, mich um 21 Uhr im Besprechungsraum einzufinden. Zudem bekam ich noch eine Laufmappe, die ich im Gebäude immer ‚am Mann haben‘ sollte. Dort standen die Regeln und Informationen zu gewissen Dingen drin und ich sollte alle Zettel, die ich im Laufe des Geschehens bekam, dort abheften.
Dann ging es auf die Stube. Da wir nur sehr wenige Frauen waren, hatte jeder von uns eine eigene und somit reichlich Privatsphäre. Ich habe mich nur kurz damit aufgehalten, mein Bett zu beziehen und bin dann auf die Suche nach anderen Mädels gegangen. Ich fand eine junge Frau im TV-Raum, und da sie an dem Abend nichts mehr zu tun hatte und ich auch erst spät zur Besprechung musste, sind wir in die Stadt gegangen, um etwas zu essen. [Es gibt auch im Gebäude Abendessen, nur haben wir dies verpasst]

Die Besprechung um 21 Uhr war ziemlich unspektakulär. Drei anderen Bewerbern, allesamt männlich, und mir wurde lediglich grob erklärt, was uns am nächsten Tag so erwartet. Nach guten zehn Minuten wurden wir auch schon wieder entlassen.

Um 06:30 Uhr des nächsten Tages sollten wir FWD-Bewerber uns am Empfang einfinden. Dementsprechend ging ich am Vorabend früh ins Bett [mein Rat, nimmt euch Ohrstöpsel mit, die Stuben sind verdammt hellhörig – aber sorgt dafür, dass ihr den Wecker hört].
Da ich morgens alle Ruhe der Welt haben wollte, endete meine Nacht um kurz vor fünf. So hatte ich reichlich Zeit, um zu duschen und mich fertigzumachen. Was bei mir bedeutete, Haare föhnen und ganz dezentes Make-Up auftragen. Ich persönlich hatte mich zudem für ein recht sportliches, aber eher schickes Outfit entschieden, sprich dunkle Jeans, Top und Blazer. Ein andere hingegen lief in Jogginghose herum – aber ich habe keine Ahnung, ob sie es geschafft hat. Ich würde es jedenfalls nicht raten.
Später dann, als die anderen Mädels ebenfalls auf den Beinen waren, ging es um kurz vor sechs zum Frühstück. Und ich muss sagen, es hat nun wirklich nichts gefehlt.

Leider wurde es dann auch ernst. Wir mussten eine Urinprobe für den Drogentest abgeben, dann gute zwei Stunden warten, ehe es dann weiterging mit messen und wiegen. Dem folgte ein Hör- und Sehtest. Es war ziemlich amüsant, da ich den Hörtest beispielsweise erst nicht gerallt habe und nicht wusste, ob ich nur einen Tinnitus hab oder ob das wirklich schon ein Geräusch war, auf das ich reagieren musste. Aber es lief schlussendlich alles super.
Anschließend musste ich zur ärztlichen Untersuchung, aber natürlich nicht, ohne noch einmal eine Stunde zu warten. Irgendwann fand ich mich dann doch vor zwei Ärztinnen wieder, die mir erst einmal einen ganzen Haufen von Fragen gestellt haben über Krankheiten, die ich hatte oder nicht hatte. Und für die Frauen gab es dann auch ein paar spezielle Fragen über Schwangerschaft und solcherlei.
Danach wurde der Puls gemessen, mir in Ohren und Mund geschaut und mein Körper durchgecheckt. Sprich, gerade hinstellen, einen Gehtest und Bewegungstest, von wegen „Berühren Sie mal Ihre Fußspitzen.“ Ich selbst habe ein leichtes Hohlkreuz sowie eine Fehlstellung der Fußgelenke, wegen der ich nach innen laufe. Aber auch das war keineswegs schlimm und ich wurde T2 gemustert und weitestgehend für alle Verwendungen zugelassen [für ein paar war ich allerdings mit meinen 1,67m zu klein].

Nach der Untersuchung musste ich dann ausnahmsweise Mal nicht warten. Es ging sogleich zum sogenannten CAT-Test. Der Test ist ein Computertest über…alles.
Einmal deutsche Grammatik, dann Mathe, Physik, Technik, logisches Denken, Reaktionstest, Konzentrationstest, ein Fragebogen.
Aber alles der Reihe nach.

Deutsch war einfach. Es ging um Zeichensetzung, Wortwahl, Satzbau. Mathe war dann schon anspruchsvoller. Die Aufgaben waren an sich nicht schwer – und ich bin ein absoluter Mathe-Nicht-Könner – allerdings hatte man lediglich einen Schmierzettel und keinen Taschenrechner.
Da waren Aufgaben von Flächenberechnung bis hin zu Linearfunktionen. Und ich muss auch sagen, dass viele Aufgaben mit logischem Denken und Ausschlussprinzip gelöst werden konnten.
Zu Physik und Technik kann ich kaum etwas sagen, da ich kaum etwas verstanden habe. Eigentlich muss man kaum etwas davon verstehen, weil in den Fragestellungen selbst das meiste erklärt ist. Aber es war alles andere als leicht für mich.
Logisches Denken war ebenfalls anspruchsvoll, aber weitestgehend nicht schwer. Wer schon einmal einen IQ-Test gemacht hat, dürfte diesen Typ der Aufgaben kennen. Zahlenreihen weiterführen, Muster erkennen und sowas.
Am Lustigsten war mit Abstand der Reaktionstest. Man hat einen roten und einen blauen Pfeil und vier Felder. Bei dem blauen Pfeil musste man die Richtung angeben, in die er zeigte. Sprich, stand der Pfeil oben aber zeigte nach unten, musste man unten angeben.
Beim roten Pfeil musste man den Ort angeben. Stand er oben, musste man oben angeben.
Nun, es waren gefühlte zweihundert Aufgaben, für die man eine gefühlte Sekunde Zeit hatte. Zwischendurch kam ich immer wieder raus und musste ein paar Sequenzen verstreichen lassen, aber lasst euch da nicht aus der Ruhe bringen.

Dann war da noch der Konzentrationstest. Man eine senkrechte Reihe mit chinesischen Schriftzeichen und oben eine Leiste, in der diesen Zeichen Zahlen von 1-9 zugeordnet wurden. Man musste dann die zwei untersten Zeichen übersetzen, addieren und eintragen. Dann das dritte Zeichen von unten übersetzen, mit dem Ergebnis der ersten beiden Zeichen addieren und eintragen. Immer so fort. Es waren ca. 10-15 Zeichen übereinander und ich habe es kein einziges Mal bis ganz nach oben geschafft. Aber auch da nicht aus der Ruhe bringen lassen.

Das letzte war dann der Fragebogen. Zig Fragen von wegen „Sind Sie rassistisch?“, „Machen Sie Kampfsport?“, „Haben Sie sich schon einmal auf der Straße geschlagen?“, „Mögen sie Ausländer?“. Viele Fragen wiederholen sich und sind nur anders gestellt. Also seid einfach ehrlich, ihr habt sicherlich eure eigenen Gründe für diese und jene Antwort, die ihr im psychologischen Gespräch erläutern könnt.

So, dann war der CAT-Test nach gefühlt endlosen Stunden – ich glaube, es waren knapp zwei – vorbei. Ich musste wieder kurz warten, ehe ich die Ergebnisse in einer verschlossenen Mappe bekam und dann zur Anlaufstelle bringen musste. An dieser Anlaufstelle saß immer jemand, der einem sagen konnte, was man als nächstes tun musste, wenn man es selbst nicht mehr wusste. Dort gab ich dann die Ergebnisse ab und durfte um kurz nach zwölf zum Mittagessen gehen. Auch da fehlte nichts, das Essen war recht gut, die Leute allesamt nett, sodass man sich einfach dazusetzen und mit ihnen reden konnte.

Nach dem Essen stand dann meine größte Sorge bevor, nämlich das Gespräch mit dem Psychologen. Allerdings flaute die Angst auch während der langen Warterei ab. Da Handys streng verboten waren und nur auf der Stube oder außerhalb des Gebäudes benutzt werden durften, vertrieb ich mir die Zeit damit, die ausgehängten Dienstgrade zu lernen, Zeitschriften zu durchstöbern und irgendwann dann auch zu dösen. Nur peinlich, dass mich dann die Psychologin aus diesem Dämmerzustand herausriss und ich – die immer sehr mies gelaunt ist, wird sie geweckt – ihr einen wohl nicht allzu freundlichen Blick schenkte. Aber die Frau war sehr nett und wirkte auf mich offen und gar nicht allzu kritisch. Es war also keineswegs so, dass sie versuchte, mir einen Strick zu drehen. Sie sprach mit mir darüber, warum ich zur Bundeswehr möchte, was ich mir so vorstelle, wie Freunde und Familie dazu stehen, über meine Lebensumstände und über die Schule [ich musste Kopien meiner Zeugnisse mitbringen und ihr vorlegen], warum diese und jene Note eher schlecht war und warum mir dieses und jenes Fach so gut lag. Und am Ende ging es dann auch um meine Hobbies, wo sie sehr interessiert und positiv auf meine Kampfsporterfahrungen reagierte. Auch hier, seid offen und ehrlich, lügt nicht und erzählt keinen Mist. Seid einfach ihr selbst und steht dazu.

Schließlich gab sie mir grünes Licht und ich durfte zum Einplaner. Nun, theoretisch hatte ich es an dieser Stelle bereits geschafft, es aber gewiss noch nicht realisiert. Ich durfte mich am Empfang zu den anderen Wartenden gesellen, wühlte mich da wieder durch allerlei Zeitschriften, erntete Gelächter, als ich höflichst nach einem Kulli fragte, um das in diese Zeitschriften vorhandene Sudoku lösen zu können. Neben mir erhielt ein Herr noch einen Einlauf, da er dummerweise sein Handy zückte, um damit zu spielen.

Nach zwei Stunden des Wartens war ich dann endlich an der Reihe und kam zum Einplaner. Ich hatte sehr, sehr großes Glück, es gab genug freie Stellen bei meinen Wunschverwendungen, sodass ich quasi frei wählen konnte. Meine Wunschverwendung war für meinen Geschmack leider zu weit weg, weswegen ich dann auf meinen Zweitwunsch beharrte und diese Stelle auch bekam. Für mich geht es nach der Grundausbildung in einem Panzergrenadierbataillon zu den Jägern.

Danach gab es dann noch eine Berufsförderberatung, wie auch immer sich das noch einmal nennen mochte. Da wurde mir lediglich erzählt, welche Lehrgänge ich während des freiwilligen Wehrdienst besuchen kann, sprich Englisch, Bewerbungstraining und solche Dinge.
Und dann, liebe Freunde, war ich endlich fertig. Auch mit den Nerven. Ich packte nur noch meine Sachen zusammen, brachte Schlüssel, Bettzeug und Mappe weg, erhielt meine Fahrkarte für die Rückfahrt und durfte dann gegen 16 Uhr nach Hause reisen. Am Bahnhof traf ich noch auf einen der Jungs, der sich ebenfalls beworben hatte, allerdings war es bei ihm am Psychologen gescheitert.

Ich für meinen Teil trat dann glücklich die Heimreise an und bekam etwa 5-6 Wochen später den endgültigen Einberufungsbescheid, wann ich wo zu Dienstantritt zu sein habe.

Das ist nun ein ziemlich langer Bericht geworden und ich hoffe, es hat einen kleinen Einblick in das ganze Geschehen gebracht.
Und, bevor die Frage jetzt aufkommt: als Bewerber für den FWD macht man keinen Sporttest. Allerdings würde ich mich dann nicht auf Unsportlichkeit ausruhen, spätestens in der Grundausbildung sollte man fit sein.

Das war’s von meiner Seite zur Bewerbung und Musterung.
See ya.